Infographic
Exiles forced to leave their homes
It's just one price they have to pay
Some need to keep them quiet
But times have shown new ways to speak
The internet is proving to break the distance It lets people say what they want to say
Sadly this can't be done in their home,
Thailand
What does it really mean to be free?
Article one hundred and twelve Makes many of us enemies
All it takes is discussing Other forms of society
Not everyone wants the exact same thing
But there's convergence and they all agree
To a Republic where opposing forces and thoughts
Take us closer to democracy Even you will hear me, King
Hmmm
Let's be honest,
let's be honest
This is not stability
On the underground radio
You cannot silence me
All forces of suppression
That make so many people flee
When things you say condemn you
No longer you’re allowed to be
Some in Europe, most of them in Asia
All abroad, but still not safe and free
Pages attacked on a daily basis
Government now reaches internationally Department of Police on the left side [Laos] requested that they cease broadcasting via YouTube.
If they do not comply, they will be deported for prosecution in Thailand.
In addition, there has been intermittent news that a special forces unit has crossed the Mekhong River.
Fai Yen was warned to be on alert to move houses at all times.
What does it really mean to be free?
Even you will hear me, King
Hmmm Let's be honest,
let's be honest
This is not stability
On the underground radio
You cannot silence me
On the underground radio
You cannot silence me
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It's just one price they have to pay
Some need to keep them quiet
But times have shown new ways to speak
The internet is proving to break the distance It lets people say what they want to say
Sadly this can't be done in their home,
Thailand
What does it really mean to be free?
Article one hundred and twelve Makes many of us enemies
All it takes is discussing Other forms of society
Not everyone wants the exact same thing
But there's convergence and they all agree
To a Republic where opposing forces and thoughts
Take us closer to democracy Even you will hear me, King
Hmmm
Let's be honest,
let's be honest
This is not stability
On the underground radio
You cannot silence me
All forces of suppression
That make so many people flee
When things you say condemn you
No longer you’re allowed to be
Some in Europe, most of them in Asia
All abroad, but still not safe and free
Pages attacked on a daily basis
Government now reaches internationally Department of Police on the left side [Laos] requested that they cease broadcasting via YouTube.
If they do not comply, they will be deported for prosecution in Thailand.
In addition, there has been intermittent news that a special forces unit has crossed the Mekhong River.
Fai Yen was warned to be on alert to move houses at all times.
What does it really mean to be free?
Even you will hear me, King
Hmmm Let's be honest,
let's be honest
This is not stability
On the underground radio
You cannot silence me
On the underground radio
You cannot silence me
Kritische Infografik zur Majestätsbeleidigung ist Thailands Behörden ein Dorn im Auge
Hinweis: Der folgende Artikel handelt von im Exil lebenden DJs, deren politische Sendungen sich kritisch mit dem gegenwärtigen Regime in Thailand und der Institution der Monarchie auseinandersetzen. Diese Sendungen und selbst die Berichterstattung darüber laufen damit Gefahr, gegen Artikel 112 des Strafgesetzbuchs (Majestätsbeleidigung) zu verstoßen. Hiernach wird jeder, der den König, die Königin, den Thronanwärter oder den Regenten verleumdet, beleidigt oder bedroht, mit Freiheitsstrafe von drei bis fünfzehn Jahren bestraft. In den Sendungen und im folgenden Artikel werden deshalb neben unmittelbaren Analysen auch Gleichnisse und Vergleiche verwendet. Kurz nach dem Tod von Rama IX, König Bhumibol Adulyadej, am 13. Oktober 2016 begann eine neue Kampagne gegen Exil-DJs. Für Leser, die mit Thailand oder der Thematik nicht im Einzelnen vertraut sind, wurden Anmerkungen in eckigen Klammern hinzugefügt. Soweit Exil-DJs unter ihrem vollen Namen senden, werden diese verwendet, ansonsten die Pseudonyme oder Künstlernamen.„... wenn Sorgen dich drücken, so schmerzlich sie auch seien, wird unser großer Vater dir folgen wie ein Berg.“
Suda Rangkupan, die zu den Exilanten gehört, für die sich die Behörden in Thailand derzeit am meisten interessieren, hatte ganz ähnliche Gefühle wie die, die in den letzten Zeilen des Songs „In den Fußstapfen meines Vaters“ zum Ausdruck kommen.
Suda, die früher Linguistik an Thailands bester Universität lehrte, berichtet über ihre Erfahrungen während ihres Promotionsstudiums im Ausland. An ihrer Wand hing ein Foto des Königs mit einem Schweißtropfen auf seiner Nase, das ihr in den schwierigen Phasen ihres Studiums als Ansporn diente. Doch dann gelangte sie durch die Erfahrung des politischen Kampfes zu einem neuen Bewusstsein.
Nach dem Staatsstreich von 2014 mussten zahlreiche politisch aktive Menschen ins Ausland fliehen: Intellektuelle, Aktivisten und normale Bürger. Die meisten fürchteten um ihr Leben, da sie sich gegen das Militärregime gestellt hatten, einige konnten die Einschränkung ihrer Freiheiten nach dem Putsch nicht ertragen oder mussten mit einer Verurteilung nach Artikel 112 oder anderen Vorschriften zur nationalen Sicherheit rechnen.
Einige wenige Exilanten befinden sich in europäischen Industrieländern, die meisten jedoch in Entwicklungsländern. Einige hiervon leben relativ nah an Thailand, um besser gegen das Regime vorgehen zu können. Ihre bevorzugte Waffe sind politische Clips, die über das Internet verbreitet werden.
Der Historiker Somsak Jeamteerasakul, ein wichtiger Kritiker und Analytiker der demokratischen Bewegung, nennt diese Clips „Untergrundsendungen“. Nach dem Staatsstreich vom 22. Mai 2014 breitete sich dieses Phänomen schnell aus. Damals mussten viele Menschen tatsächlich ihr „Vaterhaus“ verlassen. [„Vater“ steht wie in dem eingangs zitierten Song für den König.]
Zum Begriff „Untergrund“
Wer als Erster von „Untergrund-Clips“ und „Untergrundsendungen“ gesprochen hat, ist unklar; die Exilanten verweisen auf Somsak. Die meisten mögen das Wort „Untergrund“ nicht sonderlich, da sie es als abwertend empfinden. Anders die Linguistin Suda.
Suda führt als Beispiel die Sendung „Going Underground“ des Nachrichtenkanals „Russia Today“ an, die kontroverse Themen vertieft, ohne auf politisch korrekte Formulierungen zu achten.
„Der Begriff ‚Untergrund‘ ist eigentlich nicht abwertend, wird aber von einigen Menschen so verwendet. Sie sprechen von ‚Bande‘ und ‚Sprachrohr‘ und beschwören so das Bild eines Aufruhrs herauf“, sagt Suda.
Der junge Exilant Nithiwat („Pa Jom“) von Fai Yen ist anderer Meinung: Mit der Bezeichnung „Untergrund“ solle auf eine bestimmte Gruppe von DJs Druck ausgeübt werden. Man müsse sich auch fragen, wer darüber bestimme, was „Untergrund“ und was „Obergrund“ sei, da alle Exilanten ihre Analysen über soziale Medien verbreiten könnten.
„Jeder Exilant kann einen eigenen Radiosender gründen. Manche behaupten aber, dass ihre Facebook-Seite zum ‚Obergrund‘ und andere Seiten zum ‚Untergrund‘ gehören. Das Wort ‚Untergrund‘ ist nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern als Druckmittel. In den Niederlanden oder in Spanien ist eine Änderung des politischen Systems kein Untergrundthema. Man kann darüber reden und abstimmen. Aber unser Staat lässt das nicht zu. So ist aus einem universellen Thema ein Untergrundthema geworden. Heute werden über 20 YouTube-Radiosender von YouTube als Untergrundsender eingestuft“, so Nithiwat.
„Republik“ als gemeinsames Anliegen
Die Exil-DJs verbreiten ihre Clips regelmäßig auf einer Reihe von Portalen. Die meisten erstellen einen YouTube-Kanal und nutzen eventuell noch Facebook Live, Dailymotion und andere Dienste. Viele DJs haben Tausende oder sogar Zehntausende von Followern und Websites mit Clips mehrerer DJs werden von Hunderttausenden aufgerufen.
„Als nach dem 13. Oktober in vielen Sendungen die Zukunft der Monarchie und der thailändischen Gesellschaft diskutiert und analysiert wurde, stieg die Zuschauerzahl deutlich von mehreren zehntausend bis etwas mehr als hunderttausend auf drei- bis vierhunderttausend pro Clip. Die Zuschauerzahl ist Schwankungen unterworfen. Sie steigt bei wichtigen Ereignissen in Thailand und sinkt in ereignisarmen Zeiten. Sie steigt auch bei Repressionen. Wenn die thailändische Regierung zu harten Unterdrückungsmaßnahmen greift, sinkt zwar vielleicht die Anzahl der YouTube-Zuschauer, dafür steigt aber die Anzahl der MP3-Hörer. Hinzu kommt: Wenn wir über andere Themen [als die Monarchie] sprechen – manchmal wollen wir das –, ist das für viele nicht so interessant und die Zuschauerzahl beträgt nur wenige zehntausend. Wenn wir dagegen über die Monarchie sprechen, geht die Zahl nach oben und der Clip wird oft geteilt“, erklärt DJ Teeto, ein junger Exilant, der zusammen mit Surachai Sae Dan eine Sendung produziert.
Die Exil-DJs haben unterschiedliche Hintergründe und verfolgen unterschiedliche Ziele. Unter ihnen finden sich Politiker wie Sunai Chulpongsatorn und Charupong Ruangsuwan, Analysten oder Redner wie Dr. Piangdin Rakthai, Dr. Sukit Sapaneksanth, Yut LA, Anek SanFran, Pa (Tante) Ning DK und Nan Belgium, liberale Aktivisten wie die mitgliederstarke Fai Yen und DJ Teeto [wobei „liberal“ hier ganz allgemein für Meinungsfreiheit und Menschenrechte steht], Altlinke aus der Kommunistischen Partei Thailands (KPT) wie Lung (Onkel) Sanam Luang, Surachai Sae Dan, Sahai (Kamerad, Genosse) Yangblad, Sahai Sattha, Sahai 112 und andere, ehemalige Akademiker oder Intellektuelle wie Suda Rangkupan und Junya Yimprasert, führende Rothemden sowie Radikale wie Ko Tee, Chupong Teetuan und andere.
Fast alle Exil-DJs sind jedoch aus analytisch-kritischer Sicht davon überzeugt, dass die Monarchie schon seit Langem eine wichtige Rolle in der Politik Thailands spielt und für eine Konsolidierung der Demokratie von entscheidender Bedeutung ist. Einigkeit herrscht auch darüber, dass die Lösung in einer Republik liegen könnte.
Da Artikel 112 die freie Meinungsäußerung einschränkt, ist eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Republik in Thailand schwieriger als in anderen Ländern. Ein Austausch von Ideen über unterschiedliche Staats- und Regierungsformen ist streng verboten, da er die Monarchie gefährden könnte. Sie bildet die Spitze des Staates und wird allgemein geachtet und verehrt. Hierbei spielt es keine Rolle, dass 147 von 206 Staaten der Welt Republiken sind. In etablierten Demokratien können die Bürger dagegen ohne Weiteres dezidiert linke oder rechte Ideen vertreten. Die Exil-Thais unterstützen daher mehrheitlich die Idee einer Republik und berufen sich dabei auf die Meinungsfreiheit.
„Wenn es um die politische Richtung eines Landes geht, sollten sich die Menschen für jede Staatsform einsetzen können. Das fällt unter freie Meinungsäußerung. Ich vertraue auf das Verhältniswahlrecht. Damit könnte man unabhängig von der eigenen Meinung im Parlament darüber diskutieren, in welche Richtung Thailand gehen soll. Selbst wenn sich unsere Idee nicht durchsetzt, könnten wir sie zumindest frei äußern. Damit wäre ich einverstanden“, sagt Junya Yimprasert, eine ehemalige Arbeiterrechtlerin, die heute in Europa lebt.
Vielen Exil-DJs zufolge war es Suda Rangkupan, die als Erste von einer Republik gesprochen und sich dafür eingesetzt hat. In den ersten Exilsendungen hatte man sich nur gegen die Militärmonarchie ausgesprochen, ohne ein klares Ziel zu nennen.
„Einige meinen vielleicht, diese Idee sei extrem oder radikal, aber sie ist die friedlichste. Anders lassen sich die Probleme in Thailand nicht lösen. Nehmen Sie die geschlossenen Kompromisse: Sie [d. h. die Machthaber] haben nichts verloren. Und wer denkt an die, die ihr Leben gegeben haben? Wenn die Monarchie sich anpasst, muss sie nur wenige Opfer bringen. Am Ende wird es vielleicht auf das japanische oder englische Modell hinauslaufen. Das wird Verhandlungssache sein. Ich rede darüber als Option und informiere darüber, was in anderen Ländern geschieht. Ich sage in meinen Sendungen, was ich denke, und wenn es mich das Leben kosten sollte“, sagt Suda.
„Warum spreche ich mich für eine föderale Republik aus? Ich behaupte, das ist ein ganz normales Thema, das von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Die Exilanten mögen alle ein ähnliches Ziel verfolgen, aber die Methoden unterscheiden sich. In den Sendungen wird leidenschaftlich darüber gestritten“, so Nithiwat.
„Einige sind für einen Kompromiss nach japanischem Vorbild. Die Idee ist nicht neu. Sie wurde bereits von der Volkspartei [der militärisch-zivilen Koalition, die 1932 die absolute Monarchie ablöste] vorgebracht: konstitutionelle Monarchie und Rechtsstaat. Und was ist daraus geworden? Statt besser wird es täglich schlimmer. Die Situation ist noch schlechter als vor Rama VII und selbst Rama V. Man will die Freiheit weiter einschränken und geht dabei keine Kompromisse ein. Die guten Leute sind alle im Gefängnis … Thaksin hat alles akzeptiert, sogar die Beschlagnahme seines Vermögens. Falls Yingluck ins Gefängnis geht, hat sie keine Hilfe zu erwarten. Und wenn die ganze Familie ins Gefängnis geht, wird ihr auch keiner helfen. Wir müssen deshalb die Menschen dazu aufrufen, ihre Angst zu überwinden. Sie müssen erkennen, dass sie die Träger der Revolution sind. Sie sind es, die Probleme haben, nicht Thaksin. Thaksin ist schon lange fort“, sagt Lung Sanam Luang.
Vertreibung und Unterdrückung Andersdenkender
Wie schon erwähnt haben die Exilanten unterschiedliche Hintergründe, Charaktere und Grundideen. Sie bekämpfen sich stets gegenseitig, auch in den Sendungen, wie etwa Lung Sanam Luang und Fai Yen.
Lung Sanam Luang gehört zu den Altlinken, die ab 2009 in Scharen ins Ausland flohen, nachdem gegen sie Haftbefehle wegen Kritik an der Monarchie erlassen worden waren. Als junger Mann kämpfte er für die Kommunistische Partei Thailands (KPT) und verlor viele seiner Mitstreiter im Dschungel. Nach 66/2523 [Verordnung des Ministerpräsidenten, die eine Amnestie für ehemalige KPT-Mitglieder vorsieht] studierte und arbeitete er, gründete eine Familie und hatte eine sichere Stelle. Doch nach dem Staatsstreich von 2006 wurde er als Analyst und Redner erneut politisch aktiv. Als gegen ihn ein Haftbefehl nach Artikel 112 erging, musste er Familie und Freunde verlassen und ins ferne Ausland gehen. Heute widmet er sein ganzes Leben dem Kampf für die Umgestaltung des Landes.
„Ich war viele Jahre allein, bis der Nationalrat für Frieden und Ordnung (NCPO) plötzlich für viele weitere Exilanten sorgte. Für mich war das ein Glücksfall. Von den jungen Leuten lernte ich viel über Technik. Heute kann ich Clips bearbeiten und hochladen und einfache Bilder erstellen. Früher schrieb ich nur einen Blog. Meine Arbeit geht weiter. Zumindest kann ich andere provozieren. Ich werde bedroht, aber ich habe keine Angst. Ausruhen kann ich mich, wenn sie mich umgebracht haben. Wir müssen die Menschen aufrütteln und sie ermutigen, anstatt ihnen als politisches Sprachrohr noch mehr Angst zu machen. Angst haben wir alle, aber was nützt sie uns? Hilft sie uns, auch nur einen Tag länger zu überleben? Wenn alle Mut haben, werden alle überleben, wenn alle Angst haben, werden alle sterben“, erklärt Lung Sanam Luang.
„Unser Weg mag falsch erscheinen, aber ich meine, wir müssen an unseren Ideen festhalten“, sagt Lung Sanam Luang.
Im Unterschied dazu besteht Fai Yen aus jungen Menschen der heutigen Generation, die vom Staatsstreich von 2014 betroffen waren. Sie arbeiten mit Lung Sanam Luang zusammen, ohne einen festen Plan zu verfolgen. Als Liberale lieben sie die Diskussion und lehnen eine radikale und gewaltsame Umgestaltung des Staates ab. Alles, was sie wollen, ist eine starke demokratische Gesellschaft, in der die Menschenrechte geachtet werden.
„Ich persönlich bin für ein föderatives System mit oder ohne Monarchie. Wenn sie sich den Zeiten anpassen würde, könnte sie mit der Gesellschaft koexistieren. Ich plädiere dafür, innerhalb des Systems zu kämpfen und die Menschenrechte zu respektieren. Die Altlinken halten das für Fantasterei. Aber in Zeiten des Übergangs wie diesen ist nichts sicher. Ich weiß nicht, wer recht und wer unrecht hat“, sagt Nithiwat.
Lung Sanam Luang erzählt: „Ich diskutiere ständig mit den jungen Leuten (über das Programm). Bekannte von ihnen rufen an und kritisieren mich dafür. Die Jungen täten ihnen leid, meine Kritik sei zu hart, man sorge sich um meinen Blutdruck, und die Jungen könnten mich aus Wut vergiften (lacht). Wir streiten uns heftig über das Programm. Sie nennen mich einen Diktator, der niemandem zuhört. Im Anschluss an eine Sendung sagte ich ihnen einmal, das sei die letzte mit ihnen gewesen. Sie redeten immer weiter. Warum müssen sie mir ständig widersprechen?
Sie sagten, ich solle mir nichts daraus machen. Und siehe da, schon legten wir die Themen für die nächste Sendung fest (lacht).“
„Im Grunde sind sie nur faul“, fährt Lung Sanam Luang fort, „aber sie nennen es Liberalismus. Sie respektieren unterschiedliche Meinungen so sehr, dass sie nichts unternehmen können. Aber das macht nichts. Ich werde ihnen nach und nach Disziplin beibringen. Zumindest haben sie einen starken Willen. Ich selbst muss offenbleiben und versuchen, von der Jugend zu lernen. Ich möchte ein Anstifter sein und ich brauche keine Sonderbehandlung. Ich könnte mich ja auf mein Alter berufen und so jede Diskussion für mich entscheiden.“
„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Sie legen Wert auf die Diskussion. Bei ihnen wird über alles diskutiert. Ein großer Herr traf einmal auf eine Kakerlake. Als er sie sah, lief er schreiend davon, sprang auf einen Stuhl und rief jemanden herbei, um sie einzufangen – so, wie der Staat diese Leute verfolgt hat“, scherzt ein ehemaliger Kampfgenosse der KPT.
Diejenigen, die sich für den politischen Meinungskampf entschieden haben, vertreten nicht immer einen festen Standpunkt. Darunter sind auch viele junge Menschen, die ins Exil gehen mussten, weil sie Pech im Leben hatten oder in sozialen Medien aufgespürt wurden. Einer hatte nichts weiter getan, als eine Songparodie auf einen roten Eimer zu kreieren. [Beim thailändischen Neujahrsfest Songkran überschüttet man traditionell Freunde und Verwandte mit Wasser aus Eimern. 2016 waren rote Eimer verboten, da man die Farbe Rot als Symbol der Opposition betrachtete.] Ein anderer hatte nach dem Tod von Rama IX nur ein Bild gepostet, auf dem er drei Finger hochhielt. Daraufhin wurden seine Adresse und die Arbeitsplätze seiner Eltern veröffentlicht und als er von vielen Mitschülern bedroht wurde, fühlte er sich nicht mehr sicher. Da er um sein Leben fürchtete, suchte er in einem Entwicklungsland Zuflucht. Ursprünglich vertrat er keine radikalen politischen Ansichten, sondern war nur gegen Ungerechtigkeit und Doppelmoral, doch das schwierige Leben im Exil brachte ihn dazu, Untergrundsendungen zu machen und die Monarchie offen zu kritisieren. Er verdient seinen Lebensunterhalt durch Werbung in den Clips und sieht in ihnen auch eine Möglichkeit, Würde und Freiheit zu bewahren, auch wenn er nicht mehr in sein Heimatland zurückkehren kann. Insgeheim hofft er, in einem Entwicklungsland studieren zu können. Doch das ist nicht einfach. So kann er weder vorwärts noch zurück.
Beleidigungen, Hassreden, Falschmeldungen und Gewalt
Die Exilanten müssen sich oft zu unbestätigten Informationen äußern, die vor allem von Somsak Jeamteerasakul „Falschmeldungen“ genannt werden. Die Exilanten analysieren die Politik der Monarchie in unterschiedlicher Weise. Oft stellen sie einander infrage oder greifen einander sogar an. Die einen setzen auf den neuen König und die anderen nicht. Einige glauben an einen Palastkonflikt, andere bestreiten ihn.
„Herrscht Verunsicherung in der Bevölkerung? Mit Sicherheit! Sie ist verunsichert, weil sie in einem Staat lebt, in dem man seine Meinung nicht frei äußern darf. Andererseits führt Meinungsfreiheit oft zu Uneinigkeit. Das ist ganz normal“, meint Nithiwat.
„Ich würde sagen, dass wir uns frei austauschen können. Aber die Leute ändern sich nicht. Politiker bleiben Politiker, angriffslustige Menschen werden noch angriffslustiger. Keiner will neue Ideen hören. Es gibt Versuche, mich zu der einen oder anderen Äußerung zu bringen, aber daran bin ich nicht interessiert. Mich interessiert nur das Hauptthema. Dazu hat jeder eine andere Meinung – und das ist auch in Ordnung so. Man sollte zusammenkommen und seine Ideen teilen. Der Kampf dauert nun schon zehn Jahre. Wir setzen Ideen frei. Die Leute scheinen bereits heute einen Wandel zu wollen – sie können entscheiden, was sie wollen“, sagt Lung Sanam Luang. Eine Quelle aus höheren Beamtenkreisen liefere ihm profunde Informationen, die sich bereits mehrfach als richtig erwiesen hätten. Er hält seine Quelle daher für sehr vertrauenswürdig.
„Man muss zwischen kurzfristigen und langfristigen Strategien unterscheiden. Um die Staatsform zu ändern, brauchen wir eine langfristige Strategie; um festzulegen, was in nächster Zukunft zu tun ist und wer es leisten kann, brauchen wir kurzfristige Strategien. Wir müssen Beziehungen zu den Bürgern nutzen. Wir können immer noch verhandeln. Und es gibt viele Angriffspunkte. Das ist gut für die, die auf der Seite des Volkes stehen“, sagt Surachai.
„Pheu Thai ist keine Revolutions-, sondern eine Reformpartei. Während sie auf halbem Weg haltgemacht hat, gehen wir den Weg zu Ende. Wenn sie nach Nakhon Sawan geht, gehe ich nach Chiang Mai. Das ist für mich kein Widerspruch. Reform bedeutet Verbesserung und Reparatur, Revolution Abriss und Neubau. Die Strukturen in Thailand müssen sich ändern. Die Reformer sollten sich nicht gegen die Revolutionäre stellen und umgekehrt sollten die Revolutionäre die Reformer nicht als Feinde sehen“, so Surachai.
Und er fügt hinzu: „Wo in der Welt gibt es einen Kampf, bei dem sich alle einig sind? Auch innerhalb desselben Lagers muss man unterschiedliche Auffassungen diskutieren können.“
Man könnte meinen, dass Suda als Akademikerin aus der gebildeten Mittelschicht Beleidigungen und Hassreden grundsätzlich ablehnen würde. Dem ist aber nicht so. Den Begriff „Hassreden“ hält sie für nicht hinreichend definiert. Hassreden müssen für sie mit Gewalt einhergehen oder eindeutig zu Gewalt führen. Beleidigungen aufgrund des Geschlechts, einer Behinderung oder der ethnischen Herkunft seien lediglich politisch inkorrekt und Beispiele sprachlicher Gewalt. Sie sei zwar gegen viele Wörter, mit denen einige Exilanten die herrschende Klasse bekämpfen, vor allem wenn sie behindertenfeindlich oder sexistisch seien, aber das sei ein schwieriges Thema. Solche Wörter würden in der Unterschicht verwendet und ein Wandel erfordere Verständnis und Zeit. Menschen, die solche Wörter verwenden, dürfe man nicht nach den Maßstäben der Mittelschicht verurteilen.
Beleidigungen sind für sie eine Frage der Schichtensprache. Die Sprache der Unterschicht sei bis heute in den Untergrund verbannt. So gälten die Wörter gu und mung [für „ich“ und „du“] in der Mittelschicht als Beleidigung. Die Beleidigung sei eine Form der sprachlichen Gewalt, aber nicht jede sprachliche Gewalt sei eine Beleidigung. So sei beispielsweise die Wortfolge „die Leute im Untergrund“ keine Beleidigung, jedoch abwertend und eine Form der sprachlichen Gewalt. Wenn die DJs beleidigende Ausdrücke verwendeten, so täten sie dies, um sich gegen einen übermächtigen Gegner zur Wehr zu setzen.
„Sie greifen absichtlich zu Beleidigungen, um sich gegen die Macht des Königs zu wehren. Er hat die Menschen wie Tiere behandelt, und jetzt zahlen sie es ihm mit gleicher Münze heim“, sagt Suda.
„Wenn sie stets höflich blieben, könnten sie keine Emotionen ausdrücken. Welche Sprache man verwendet, ist eine pragmatische Frage. Sich kurz und bündig auszudrücken und sich dabei der Bedeutungen der Wörter bewusst zu sein, ist eine Kunst für sich. Akademiker verwenden viele Fachausdrücke, deren Bedeutungen manchmal von der Alltagssprache abweichen. Die Bewegung muss Wissen vermitteln, aber auch Sarkasmus einsetzen, um den Gegner zu zermürben. Die Kommunikation steht dabei im Dienste des Kampfes. Ich selbst bin zwar Akademikerin, habe aber meine sprachliche Disziplin im Laufe der Zeit gelockert, um die Hörer zu erreichen“, sagt Suda.
„Mit Beleidigungen bin ich vorsichtig. Wenn mir eine herausrutscht, entschuldige ich mich immer. Beleidigungen sind Teil der Alltagssprache, aber in den Medien darf man bestimmte Dinge nicht sagen, zum Beispiel ‚Sie sind eine Pussy‘. Ich habe immer wieder erklärt, dass das heißt, dass sich jemand nicht wehrt, weil sich die meisten weiblichen Tiere im Gegensatz zu den männlichen nicht wehren. Man denke etwa an Kampffische, Kampfhähne oder Kampfstiere. Mehr bedeutet es nicht. Das ist nicht frauenfeindlich, es gibt auch viele Verbrecherinnen. So reden die Leute nun einmal. Ich bin da nicht so pingelig. Heutzutage legt man großen Wert auf eine politisch korrekte Sprache. Man darf niemanden eine Schwuchtel oder einen Homo nennen, man darf sich nicht auf Behinderungen beziehen. Aber ich halte mich nicht daran, da jeder weiß, wen ich meine. Diese Wörter sind zu einer Frage von Leben und Tod geworden. Hin und wieder muss ich mich entschuldigen. Ich will sie nicht herabsetzen, aber sie haben mir meine Kraft geraubt. Manchmal rutscht es mir eben heraus“, sagt Lung Sanam Luang.
Ähnlich äußert sich Nithiwat, ein Vertreter der heutigen Generation: „Obszönitäten sind von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ich selbst komme ohne sie aus, aber wer sie verwenden will, darf das tun. Emotional verwendete Schimpfwörter gehören zum Leben. Aber wenn jemand ganz normale Bürger oder solche, die dem Staat schutzlos ausgeliefert sind, angreift oder entmenschlicht, kann ich das nicht gutheißen. Das bringt sie in Gefahr. Wenn jedoch jemand in Nordkorea Kim Jong-un herabsetzt, ist das in Ordnung, weil er sich wie ein Gott verehren lässt. Das ist meine Meinung als jemand, der vom Regime unterdrückt wird. Mir fällt gerade auf, wie voreingenommen das ist.“
Je nach Persönlichkeit halten sich die Exil-DJs innerhalb der Grenzen der Höflichkeit oder verwenden Beleidigungen. Einige tun sich mit bestimmten Themen hervor oder glänzen mit Satire oder Humor. Andere werden hin und wieder zornig und rufen zur Gewalt auf, wenn sie etwa dazu auffordern, zu den Waffen zu greifen, hochrangige Militärs zu ermorden usw. Sie werden sehr wütend, äußern sich aber vage und widersprüchlich, wenn es darum geht, was wie zu tun ist. So bleibt unklar, ob der Kampf mit Waffen oder Worten geführt werden soll.
Fast alle Exilanten lehnen bewaffnete Gewalt ab, aber niemand geht gegen die Hardliner in den eigenen Reihen vor. Die Altlinken mit Kampferfahrung aus dem Kalten Krieg sind der Auffassung, dass die militärische Taktik unter dem Primat der Politik stehen müsse, Gewalt aber gerechtfertigt sein könne, um sich gegen Massaker an Andersdenkenden zu wehren. Diese Sichtweise beeinflusst vielleicht auch die jungen Exilanten, die noch keine Erfahrungen mit Gewalt gemacht haben.
„Manche reden vom bewaffneten Kampf und sehen dabei nicht, dass sich die Welt verändert hat. Man sollte dies vielleicht als Möglichkeit nicht grundsätzlich ausschließen. Der Wandel erfordert Politiker, Zivilisten und Streitkräfte. Die haben wir, weil sie die anderen auch haben. Doch viele Leute sind gemäßigt und könnten Gewalt ablehnen. Die Anhänger von Gewalt sind aber ebenfalls populär. Sie erreichen Zehntausende von Hörern, weil sie selbst erfahren mussten, was ‚Auge um Auge, Zahn um Zahn‘ bedeutet. Die Idee der Gewalt entstand aus der brutalen Kampagne 2010, in der sich viel Wut aufgestaut hat. Die Bewegung zersplitterte sich und manche wollten nicht mehr mit friedlichen Mitteln kämpfen, nachdem ihre Freunde tot waren und niemand dafür zur Rechenschaft gezogen wurde“, erklärt Teeto.
„Das ist wie bei den Altlinken, die zu den Waffen gegriffen haben, um für ein besseres System zu kämpfen. Wenn der thailändische Staat die Bürger so sehr unterdrückt hat, dass sie es nicht mehr ertragen, ist ein bewaffneter Aufstand kein Verbrechen. Ich selbst bin allerdings ein entschiedener Gegner von Gewalt und setze mich für einen friedlichen Wandel ein. Obwohl ich im Exil lebe, diskutiere ich mit radikalen Exilanten darüber, ob Gewalt wirklich ein gangbarer Weg ist. Ich möchte Verluste an Menschenleben auf beiden Seiten vermeiden. Doch dann heißt es immer nur, wer nicht zum Opfer werden wolle, müsse Verluste in Kauf nehmen. Diese Haltung wird in vielen Radiosendungen vertreten. Wo Unterdrückung herrscht, gibt es Menschen, die sich nach Wandel und Widerstand sehnen. Das ist die freie Meinung der Unterdrückten. Das hat man auch bei den bewaffneten Linken, Kommunisten und Studenten gesehen. Hatten sie unrecht? Wenn man meint, sie hatten unrecht, dann hatten sie unrecht, wenn man meint, sie hatten recht, dann hatten sie recht. Das ist eine Frage des Standpunkts. Diejenigen, die zur Gewalt gegriffen haben, waren friedliebende Menschen, bis sie angegriffen wurden und nicht mehr Bürger ihres eigenen Landes waren. So denken aber nicht alle. Ich glaube jedoch nicht, dass es so weit kommt. Ich glaube, das ist nur ein Ausdruck unterdrückter Gefühle“, merkt Nithiwat an.
Technik und Teilhabe
Programmclips werden nicht zum Spaß gemacht, sondern um engagierten Bürgern, die sich im eigenen Land nicht politisch betätigen können, eine Stimme zu verleihen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich am Kampf zu beteiligen. Jeder macht 3 bis 4 Sendungen pro Woche, deren Produktion mehrere Tage pro Woche in Anspruch nimmt. Man muss Sendungskonzepte und Sendungspläne entwickeln, von früh bis spät die politische Lage analysieren und sich die Themen der nächsten Sendung überlegen.
„Ich bin sehr enttäuscht und deprimiert. Man redet nur über Politik und streitet sich über fast jedes Thema. Ich bin nicht so politikbesessen, sondern einfach nur ein junger Mensch, der angefangen hat, sich für Politik zu interessieren“, sagt ein 19-jähriger Exilant in einem Interview über die engagierten Exil-DJs, mit denen er zusammenlebt.
„Ich bin nicht so redegewandt und habe keine eigene Sendung, sondern trete ab und zu bei meinen Freunden auf. Ich muss mich lange darauf vorbereiten, viele Informationen recherchieren und überlegen, was ich sage.“ Ein sehr streberhaft wirkender Exilant mit dicker Brille erzählt, seine Mitbewohner hätten darüber gespottet, dass er das Ramayana liest und in sechs Monaten, wenn er es fertig gelesen hat, eine Sendung darüber machen will.
Beispiel: Sendeplan von Fai Yen und Lung Sanam Luang
Wochenendsendung Fai Yen Meets Lung Sanam Luang (Fai Yen trifft Lung Sanam Luang)
„Die Sendung hieß früher ‚Fai Yen Meets the People‘. Anfangs hatten wir kaum mehr als zehn Zuhörer. Gegen Jahresbeginn ging sie an mich [Lung Sanam Luang] und gestern Abend hatten wir schon mehr als 2.000 Hörer. Neu hinzugekommen sind Ajarn Wan [Suda Rangkupan] und Yammy. Zusammen haben wir nicht weniger als 4.000 bis 5.000 Hörer, die live dabei sind. Die Sendung beginnt gegen 22:00 Uhr. Die ersten beiden Teile werden von mir moderiert und im dritten Teil folgt Musik von Fai Yen. Oft schaut auch Somsak Jeamteerasakul vorbei“, sagt Lung Sanam Luang.
Montag: Three Comrades Far From Worries [Drei Kameraden ohne Sorgen, Anspielung auf den Königspalast Klai Kangwon (Fern der Sorgen) in Hua Hin]
„Das sind neben mir Sahai Yangblad und Sahai Sattha, und gelegentlich kommt noch Sahai 112 dazu. Wir diskutieren über verschiedene politische Grundsatzfragen. Die Leute fragen uns oft, wie der Kampf geführt werden soll. Wir geben ihnen dann einige Leitlinien und Grundsätze an die Hand. Die Umsetzung liegt bei ihnen. Wir können ihnen keine fertigen Lösungen servieren, sozusagen als Instant-Nudeln. Wir haben erst vor 3 bis 4 Monaten angefangen. Die Sendungen laufen live. Anfangs hatten wir einige hundert Hörer, mittlerweile bereits über tausend. Wenn wir nicht gesperrt wurden, hatten wir an einigen Tagen auch schon 30.000 Hörer. Wenn der Fai-Yen-Kanal in Thailand gesperrt wird, sind natürlich keine Livesendungen möglich. Wir laden die Sendungen dann auf anderen Kanälen hoch“, so Lung Sanam Luang.
Dienstag: The Rotten Stories of the Thai Royalty (Dunkle Geschichten aus Thailands Monarchie)
„Die Sendung wird von Yammy und mir produziert“, sagt Sanam Luang.
Donnerstag: neu: Three Comrades Troubleshoot Problems (Tipps von drei Kameraden)
„Dabei kann uns jeder anrufen und seine Probleme schildern – sogar das ISOC [Operationskommando für innere Sicherheit, Überwachungsorganisation der thailändischen Regierung]. Wirklich. Wir setzen auf eine breite Beteiligung“, sagt Lung Sanam Luang.
„In der übrigen Zeit mache ich Clips von Livegesprächen und lade sie auf YouTube hoch. Damit verdiene ich mir etwas Geld. Jede Sendung enthält ca. 6 Clips mit einer Länge von ca. 15 bis 20 Minuten. Obszönitäten schneide ich heraus, weil sie von einigen Hörern nicht akzeptiert werden“, so Lung Sanam Luang.
Der Fai-Yen-Kanal steht auch anderen Exilanten zur Verfügung. Nithiwat zufolge hatte er in der ersten Zeit einige Dutzend Zuschauer, aus denen nach und nach Zehntausende wurden, bis der Kanal in Thailand gesperrt wurde.
„Der Fai-Yen-Kanal hat ca. 17.000 Abonnenten. Er hat nichts mit der Band Fai Yen zu tun. Die Band schreibt und spielt Musik, der Sender gibt Exilanten die Möglichkeit, Krach zu schlagen. Dort kann sich jeder einladen lassen oder eine eigene Sendung produzieren. Man kann sagen: Der Sender bietet den Exilanten einen Raum der freien Meinungsäußerung. Es gibt keine Tabus, selbst wenn wir anderer Meinung sind. Ob wir ihren Standpunkt teilen, spielt keine Rolle. Aber sie müssen Kritik vertragen können. Wir gehen davon aus, dass die Exilanten ihrer Menschenwürde beraubt wurden und unsere Aufgabe nur darin besteht, sie ihnen wiederzugeben. Hier herrscht Gedankenfreiheit. Das ist für sie eine Art Heilungsprozess. All das hat einen Einfluss auf ihren Geist und ihr Herz“, sagt Nithiwat.
Die „Untergrund-Clips“ sind nicht nur ein Mittel des politischen Kampfes, sondern tragen auch zum Lebensunterhalt der Exilierten bei. So haben sie Zeit für die Produktion der Clips und müssen nicht mit anderen Arbeiten um ihren Lebensunterhalt kämpfen, was im Ausland schwierig ist. Nicht wenige Exilanten versuchen jedoch aus verschiedenen Gründen, ihr Geld auf andere Weise als mit Clips zu verdienen, hauptsächlich deshalb, weil sie sie für das falsche Mittel oder für riskant halten.
Diejenigen, die ihren Lebensunterhalt mit Clips bestreiten, nutzen das Anzeigensystem von YouTube. Um ein Beispiel zu nennen: Lung Sanam Luang hat zeitweise zwischen 100.000 und 200.000 Baht verdient. Als langjähriger politischer Analyst schrieb er zunächst einen Blog („Sanam Luang 2008“) mit Hunderten von Artikeln und einer großen Fangemeinde. Sein Viewer Count beträgt insgesamt ca. 6 Millionen. Dann begann er mit technischer Unterstützung von Fai Yen zusammen mit den jungen Exilanten Clips zu produzieren. Sie starteten den Fai-Yen-Kanal, der sehr populär wurde. Der Altlinke Lung Sanam Luang distanziert sich nicht vom Kapitalismus. Er erlaubt jede Werbung. Am höchsten waren seine Werbeeinnahmen im ersten Sendejahr, als man ihn noch nicht mit Sperrungen überzog.
Risiken für die Sender
„Diktatorische Regelungen wie Artikel 112 werden von YouTube und anderen sozialen Netzwerken in Thailand übernommen. Bei entsprechenden Anzeigen oder Anträgen können somit Sender geschlossen oder Clips gesperrt werden, ohne dass YouTube prüft, ob die jeweilige Regelung gegen Menschenrechte verstößt. Das Verbot eines Senders gilt dann nur in Thailand. Er kann aber immer noch über einen Proxy-Server empfangen werden. Darüber hinaus setzt die thailändische Regierung Cyber-Armeen ein, um die Übertragung durch Angriffe im Internet zu stören, selbst bei laufender Sendung. Sowohl Sender als auch einzelne Clips sind bereits gesperrt worden. In anderen Fällen erlaubt YouTube keine Werbung. Während Sperrungen für uns kein Problem sind, da wir die Clips auf anderem Wege verbreiten können, sind wir auf Werbeeinnahmen angewiesen. Die Clips werden außerdem weiterverbreitet und erscheinen dann auf bis zu 20 unterschiedlichen Sites. Dabei ändert man einfach den Titel oder macht das Bild weicher. Wer auch immer das tut, erhält ebenfalls Werbeeinnahmen. Das ist eine Art Katz-und-Maus-Spiel“, sagt Nithiwat.
Die Sendung „Revolution Thailand“ von Surachai Sae Dan wird zweimal wöchentlich ausgestrahlt. Sein Sender ist zwar noch nicht gesperrt worden, aber zahlreiche Clips. DJ Teeto zufolge liegt der Grund dafür wahrscheinlich darin, dass Surachai keine Werbung zulässt, um sich nicht vorwerfen zu lassen, er produziere die Clips nur aus finanziellen Gründen. Wenn ein Sender Werbung erlaubt, ist es schwieriger, gegen ihn vorzugehen.
Mit Blick auf die Angriffe im Internet erklärt DJ Teeto: „Man greift die Übertragung an, sodass sich der Sender bei laufendem Betrieb abschaltet. In Thailand erscheint dann das Siegel des Ministeriums für Informations- und Kommunikationstechnologie mit der Meldung, dass der Inhalt unangemessen ist. Das haben wir schon oft erlebt. Die Sendung kann dann auch im Ausland nicht empfangen werden, da sie live übertragen wird. Das passiert immer wieder – seit 2015 ca. jedes zweite Mal. Wir sendeten anfangs dienstags und donnerstags ab 20:00 Uhr und dann an einem anderen Tag, den wir nicht vorher ankündigen. Die Inhalte bleiben unverändert und die Sendungen können nicht rechtzeitig unterbrochen werden. Unsere Sendungen sind live und verlieren somit keine Hörer. Nach dem Tod des Königs wurden zahlreiche Clips entfernt, darunter allein 1.000 von Ajarn Wan.“
Suda Rangkupans Kanal nach dem Werbeverbot
Statistik: Ajarn Wans Media Force Channel ab 2014
YouTube wies Suda darauf hin, ihr Kanal für drei Monate deaktiviert werde, da einer ihrer Clips gegen die Community-Richtlinien verstoße
Im Hinblick auf die Sperrungen sagt Suda, dass das Militär ihres Wissens über eine Rechtsabteilung verfüge, die Beschwerden mit den URLs und einer Begründung, inwiefern die Links gegen das thailändische Recht verstoßen, an die Google-Zentrale übermittle. Bisher konnten die Clips aber erst nach 3 bis 4 Monaten gesperrt werden. Seit einigen Monaten arbeiten die Behörden jedoch systematischer und schneller. Ihre Effizienz ist deutlich gestiegen und YouTube hat jetzt eine Niederlassung in Thailand.
Dass der thailändische Staat ein besonderes Auge auf Menschen wie Suda hat, ist nicht verwunderlich. Schließlich sind schon nahezu alle Exilanten, die im Bereich der „Untergrundsendungen“ aktiv sind, bei Suda zu Wort gekommen, unabhängig davon, ob sie in Industrie- oder Entwicklungsländern leben und welche Ansichten sie vertreten. Ihr Kanal ist eine Art Drehscheibe, auf der Clips verschiedener Kanäle und Personen ständig wiederholt werden. Sie hat einen Hauptkanal und vier Unterkanäle. Darüber hinaus werden Seminare zur Politik in Thailand und Beiträge zu politischen Aktivitäten im Ausland gesendet. Die technischen Kenntnisse hat sich Suda durch Recherchen und die Lektüre englischsprachiger Online-Handbücher angeeignet.
„Sie macht alles selbst und soweit ich weiß, ist sie von früh bis spät beschäftigt“, merkt ein Exilant an.
Suda zufolge hat sich die Lage nach dem Tod von Rama IX deutlich verschärft. Der Werbebutton habe plötzlich nicht mehr funktioniert und zwei der vier Kanäle seien von YouTube wegen Verstoßes gegen die Community-Richtlinien deaktiviert worden.
Mehr noch: Als über Drohungen seitens des thailändischen Staates berichtet wurde, man arbeite mit verschiedenen Ländern zusammen, um eine Auslieferung der politisch aktiven Exilanten zur Strafverfolgung zu erreichen, gab es unangekündigte Hausdurchsuchungen bei Sudas Kontaktpersonen. Sie wurden inhaftiert und Unterlagen und Gegenstände, die man für illegal hielt, zur weiteren Untersuchung beschlagnahmt. Gleichzeitig wurde bekannt, dass es auch zu Ermittlungen nach Artikel 112 kommen könnte. Suda wusste, wie schwierig und belastend das für die ihr nahestehenden Menschen war, und entschloss sich daher, die Online-Kommunikationskanäle zumindest einige Monate lang nicht mehr zu nutzen.
Zur selben Zeit ging der thailändische Verteidigungsminister eine Art inoffizielle Zusammenarbeit mit seinem Amtskollegen aus einem Land ein, das viele Exil-DJs aufgenommen hat. Die Behörden in Thailand „ersuchten“ dieses Land, dafür zu sorgen, dass die DJs ihre die Monarchie beleidigenden Sendungen einstellten. Diese Gefahr ist nicht neu, es gibt sie schon, seit es die Sendungen gibt, und die Exilanten hatten sich bisher nicht einschüchtern lassen. Aber diesmal ist es anders. Surachai will den Sendebetrieb für drei Monate einstellen. Lung Sanam Luang und Fai Yen, denen besondere Bedeutung zukommt, da sie viele verschiedene Exilsendungen hosten, haben den Betrieb vorübergehend eingestellt.
Re: Vorübergehende Einstellung des Sendebetriebs
Liebe Abonnenten und Hörer in aller Welt, aufgrund der allgemein unsicheren Lage im In- und Ausland werden wir den Sendebetrieb einstellen, bis sich die Situation entspannt. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft! Wir werden alle Sendungen einstellen, bis sich die Lage normalisiert hat. Dies geschieht zu Ihrer eigenen Sicherheit.
(Mitteilung vom 19. November 15:00 Uhr)
Zugleich berichtete die Zeitung Khom Chad Luk: „Am 16. November 2016 bestellte ein Polizeivertreter auf der linken Seite [d. h. in Laos] die Rothemden im Untergrund zum Gespräch und forderte sie auf, ihre Sendungen auf YouTube einzustellen. Andernfalls würden sie zur Strafverfolgung nach Thailand ausgewiesen.“ Weiterhin wurde vereinzelt berichtet, eine „Sondereinheit“ habe den Mekong überquert. Fai Yen müsse jederzeit zur Flucht bereit sein.
„Die Menschen mögen uns, weil sie sich eingeengt fühlen. Wir sind nicht klüger als andere, aber mit uns können sie sich Luft verschaffen. Wir wissen nicht, ob wir den Kampf gewinnen werden, aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir möchten den Menschen einfach Mut machen. Das ist alles. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Alles, was ich tun kann, ist reden und reden, bis auch der Letzte zu Wort kommt“, erklärte Lung Sanam Luang kurz vor der Verschärfung der Lage.
Ob die neuen Repressionen wieder gelockert werden, ist ungewiss. Wird es weiterhin Raum für Ideen geben, die in der thailändischen Gesellschaft als extrem gelten? Werden die nicht wenigen Exilanten, die ihre Stimme erheben und ihre Ideen äußern, auch in Zukunft in Sicherheit leben können? Werden sie ihrem Leben immer noch Sinn geben können, indem sie für eine bessere Gesellschaft kämpfen? – Manchmal weiß die Antwort nicht einmal der Wind. SONGTEXT LESEN